Bis 2014 wurden in Deutschland geborene Kinder von EinwandererInnen zu Deutschen und behielten zunächst auch die Staatsangehörigkeit der Eltern. Zwischen ihrem 18. und 23. Lebensjahr mussten sie sich dann für eine der Staatsbürgerschaften entscheiden und einen ihrer Pässe abgeben, sog. Optionspflicht. Seit einer Vereinbarung der schwarz-roten Koalition im Dezember 2014 können diese Kinder nunmehr beide Staatsangehörigkeiten behalten und müssen sich nicht mehr für eine Staatsangehörigkeit entscheiden.
Die CDU will diese Gesetzesänderung wieder rückgängig machen. Auf ihrem Parteitag in Essen hat sie nun einen entsprechenden Beschluss gegen die doppelte Staatsbürgerschaft gefasst. Dieses Vorhaben kann nur als nationale Kleinkrämerei angesehen werden. Wir leben im globalisierten 21. Jahrhundert, in dem Grenzen sich immer mehr auflösen.
Unter der Führung der CDU wurde das Staatsbürgerschaftsrecht auf die Doppelstaatsbürgerschaft für die hier geborenen Kinder erweitert. Nach dem Willen der CDU wurden den EinwandererInnen Rechte gegeben. Den EinwandererInnen soll nun das Recht wieder genommen werden. Das kann nicht nachvollzogen werden. Wie soll mit solchen Forderungen, die den Rechten eigen sind, ein einiger europäischer Staat geschaffen werden? Zum Grundgedanken der EU passt ein solches Vorhaben nicht.
Offenbar bedient sich die CDU populistischen Gedankengutes und greift Forderungen der AfD auf und machte diese zu ihrem Wahlkampfthema für das nächste Jahr.
Die SPD, Linkspartei und die Grünen zeigten sich empört über den CDU-Beschluss.
Es gibt keinen Grund, die Doppelstaatsbürgerschaft wieder abzuschaffen. Die Mehrheit der Doppelstaatler steht zur rechtsstaatlichen und demokratischen Grundordnung der BRD. Es gibt unzählige Doppelstaatler, die in der Bundeswehr ihren Wehrdienst leisten. Das findet keine Anerkennung.
Die Wiedereinführung der Optionspflicht würde die hier geborenen jungen Menschen wieder um jahrzehnte zurückwerfen und ihnen zeigen, dass sie doch nicht ein Teil dieser Gesellschaft sind. Es wird aber seit einigen Jahren diskutiert, dass man u. a. die jungen EinwandererInnen viel mehr in die hiesige Gesellschaft integrieren soll und muss. Die Optionspflicht ist ein Schritt in die entgegengesetzte Richtung und trägt nicht zur Integration bei. Vielmehr würde die Abschaffung der doppelten Staatsbürgerschaft wieder Diskriminierungen weitere Türen und Tore öffnen.
Bis der Beschluss auf dem CDU-Parteitag gefasst wurde, gab es große Auseinandersetzungen. Auch das Votum zeigt, dass das Thema zu hitzigen Debatten geführt hat. Die Bundeskanzlerin ist, soweit bekannt wurde, nicht für die Umsetzung des Parteitagsbeschlusses. Insbesondere auch aus dem Grunde, weil sie im Bundestag keine politische Mehrheit mit den bürgerlichen Parteien dafür finden wird. Mit der SPD-Koalition ist der Parteitagbeschluss ohnehin nicht umsetzbar.
Die CDU müsste, mit der AfD koalieren, wenn sie die Abscahffung der doppelten Staatsbürgerschaft durchsetzen möchte.
Die Bundeskanzlerin Angela Merkel sperrt sich gegen den Beschluss des CDU-Parteitags. Sie werde den Kompromiss mit der SPD zur doppelten Staatsbürgerschaft nicht aufkündigen. „Es wird in dieser Legislaturperiode keine Änderung geben“, sagte am Mittwoch in Essen die CDU-Chefin nach Ende des Parteitags zu den Journalisten. Sie halte den Beschluss persönlich für falsch. „Ich glaube auch nicht, dass wir einen Wahlkampf über den Doppelpass machen, wie wir das früher mal gemacht haben,“ fügte sie noch hinzu.
Zur Vermeidung von Diskriminierungen, Antisemitismus, Fremdenfeindlichkeit und des Ausschlusses aus der hiesigen Gesellschaft sollte die CDU auch im Falle eines Wahlsieges im Jahr 2017 die doppelte Staatsbürgerschaft nicht abschaffen. Es ist für einen Bürger des Rechtsstaates nicht erklärbar, warum ein Recht mal gewährt und mal nicht gewährt werden soll.