Von: Manuel Schubert / op-online.de

Langen – Er war ein echtes Multitalent, ein leidenschaftlicher Kämpfer für Demokratie und Völkerverständigung, ein wichtiges Sprachrohr für die türkische Community im Rhein-Main-Gebiet – und allseits geschätzt für seine offene, hilfsbereite und humorvolle Art. Der Journalist Mehmet Canbolat, Vorsitzender des Langener Ausländerbeirats, ist am Sonntag unerwartet im Alter von 66 Jahren verstorben. Tags zuvor hatte er sich noch an der Demonstration gegen Rechtsextremismus auf dem Dietzenbacher Europaplatz beteiligt.

Der gebürtige Türke und langjährige Wahl-Langener machte sich einen Namen als Brückenbauer zwischen den Kulturen. Das spiegelt sich in seinem gesamten Lebenslauf wider. Seit 1980 in Deutschland lebend, war es dem Buchautor, Verleger, Fernsehreporter und Moderator stets ein Anliegen, Menschen für das politische Geschehen zu interessieren. So gab er seit 1993 die von ihm gegründete Zeitung „Toplum“ heraus, die in türkischer Sprache über Nachrichten aus Hessen informiert.

Festival der türkischen Volkstänze ins Leben gerufen

Canbolats Engagement ging jedoch weit über das Berufliche hinaus. So initiierte er 1991 die Städtepartnerschaft zwischen Langen und der türkischen Stadt Tarsus, seinem Geburtsort. Es war seinerzeit eine der ersten Verschwisterungen zwischen einer deutschen und einer türkischen Kommune. Im Rahmen dieser Partnerschaft organisierte Canbolat unzählige Projekte maßgeblich mit – von einer Kunstausstellung über den Schüleraustausch bis hin zum Bau einer Schule. Als im Februar 2023 ein schweres Erdbeben die Türkei und Syrien erschütterte, stellte er mit dem Ausländerbeirat einen Benefiz-Theaterabend für die Partnerstadt auf die Beine.

Großer Beliebtheit erfreute sich auch das von Canbolat ins Leben gerufene Festival der türkischen Volkstänze. Bei insgesamt 25 Auflagen standen Gruppen aus ganz Deutschland mit hunderten Tänzern auf der Stadthallen-Bühne. Als Stammzellenspender rettete er 2007 einem an Leukämie erkrankten dreijährigen Jungen aus Recklinghausen das Leben. Und auch kommunalpolitisch war Canbolat engagiert: Seit 2021 war er Mitglied und Vorsitzender des Langener Ausländerbeirats. Seit einigen Monaten saß er zudem für die SPD in der Stadtverordnetenversammlung.

Bürgermeister Jan Werner: „Guter Freund und engagierter Mitbürger“

Canbolats plötzlicher Tod löste viele Reaktionen aus. „Mehmet war für uns alle ein großes Vorbild, sowohl in seinem Engagement für den Ausländerbeirat wie auch privat als Mensch und Freund. Wir werden ihn sehr vermissen“, schrieb der Langener Ausländerbeirat auf Facebook.

Laut Bürgermeister Jan Werner verliert die Stadt in Canbolat einen guten Freund und engagierten Mitbürger. „Er hat das politische, soziale und kulturelle Leben unserer Stadt mitbestimmt und mitgeprägt. Mit seiner Kompetenz, seiner Gradlinigkeit und seinem Eintreten für Völkerverständigung und Gerechtigkeit erwarb er sich breite Anerkennung und großes Vertrauen über alle gesellschaftlichen Grenzen hinweg“, sagte der Rathauschef. Die Stadt hatte Canbolat bereits 2009 für seinen Beitrag zur Völkerverständigung mit dem Kulturpreis ausgezeichnet. 2016 zog der Kreis nach und überreichte ihm den Deutschen Bürgerpreis für sein Lebenswerk.

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Verlässlicher Partner für Ausländerbeiräte

Mit „großer Betroffenheit und Fassungslosigkeit“ reagierte der Kreisausländerbeirat auf die Todesnachricht. Der Verstorbene sei ein überzeugter Verfechter von Demokratie und Freiheit gewesen. „Canbolat war ein verlässlicher Partner und wichtiger Brückenbauer zwischen Ausländerbeiräten, Migrantenselbstorganisationen und Medien“, so der Vorsitzende Hüsamettin Eryilmaz.

„Wer in Hessen über Völkerverständigung und Integration redet, kommt an Mehmet Canbolat nicht vorbei. Seine guten Ideen und klugen Worte fanden auch im politischen Wiesbaden Gehör“, schrieb die Arbeitsgemeinschaft der Ausländerbeiräte Hessen (AGAH), die auf Canbolats Einladung zuletzt zweimal in Langen getagt hatte. Umtriebigkeit im besten Sinne des Wortes sei ein wesentlicher Charakterzug von ihm gewesen. „Nicht selten fragten wir uns, woher er all die dafür notwendige Zeit und Energie nahm. Ohne ihn wird es eine Leere geben, die vermutlich nie wieder gefüllt werden kann.“

Canbolats Ehefrau Ute schrieb am Dienstag bei Facebook zum Abschied: „Er hatte noch 1 000 Ideen im Kopf...“ Besser kann man seinen Charakter wohl kaum zusammenfassen.

(https://www.op-online.de/region/langen/trauer-um-mehmet-canbolat-brueckenbauer-zwischen-den-kulturen-92831014.html)