In jüngster Zeit verschärft sich die Auseinandersetzung zwischen Griechenland und der Türkei in der östlichen Ägäis, dabei geht es nicht nur um territoriale Ansprüche, sondern es spiegeln sich auch die innenpolitische Situationen der einzelnen Länder wieder.
Sowohl die Türkei als auch Griechenland leiden aktuell an einer wirtschaftlichen Krise. Ankara als auch Athen nutzt die Situation in der östlichen Ägäis für die innerpolitische Auseinandersetzung. In beiden Ländern wird eine nationale, teilweise kriegerische, Propaganda betrieben. Dabei werden beiden Ländern die wirtschaftlichen und insbesondere durch Corona, angeschlagenen Gesundheitssysteme der beiden Länder nivelliert. Herrschaftserhaltung.
Der Konflikt in der östlichen Ägäis ist, insbesondere für Erdogan kommt wie gerufen, um in der Türkei seine Macht zu sichern und zu erhalten.
Abkommen von Lausanne von 1923
Maßgeblich für die Grenzziehung der Türkei zu seinen Nachbarstaaten ist das Abkommen von Lausanne vom 1923. In 143 Artikeln wurden die einzelnen Grenzfragen der Türkei, Griechenland und weiteren Nachbarstaaten wie Bulgarien und Iran geregelt. Auch die Küstenfrage der Türkei, Griechen und Italien wurde in diesem Vertrag vorgesehen.
Der Artikel 12 sowie 15 hinsichtlich der Küstenfrage spielt für die souveränität der Küste eine überausragende Rolle. Dies soll in den nachfolg denen Ausführungen verdeutlicht werden.
In Artikel 12 des Abkommens von Lausanne wurde der Türkei von der Küste aus drei Seemeilen als Küstengrenze und als souveränes Gebiet vorgesehen.
Auch alle Inseln die in dieser drei Seemeilenzone liegen, wurden von der Türkei als eigenes Territorium zuerkannt.
Fragliche Inseln wurden sowohl in Artikel 12 als auch in Artikel 15 in dem Vertrag von Lausanne ausdrücklich erwähnt und den einzelnen Staaten des Vertrages Griechenland Italien und der Türkei zugerechnet.
Im der Vereinbarung von Lausanne aus dem Jahr 1923 waren Inseln in der Ägäis an Italien zugesprochen worden. Diese Inseln wurden nachträglich im Protokoll von Ankara 1932 erneut verhandelt und Italien bekam dann diese Lausanner Vereinbarung zugesprochenen Inseln als souveränes Territorium.
Nach dem zweiten Weltkrieg wurden die Inseln welche Italien in der Ägäis hatte dann den griechischen Festland als griechisches souveränes Gebiet zugeordnet, dabei hat die Türkei anscheinend versäumt oder von Lausanner Vertrag sich leiten und keine Ansprüche auf diese Inseln gestellt.
Dies wird deutlich durch das 1950 Luftraumpakt die fraglichen Inseln vor der Küste der Türkei den griechischen Luftraum zugerechnet.
12 Seemeilen /Festlandsockel
Obwohl beide Staaten haben diese Verträge miteinander geschlossen haben und der Vertrag von Lausanne für die Türkei drei Seemeilen Grenze in der Ägäis und im Mittelmeer vorsieht besteht nach dem internationalen Seerecht die Möglichkeit seine Küstengrenzen bis zu 12 Meilen auszuweiten.
Griechenland
Das griechische Parlament hat beschlossen das Recht der 12 Seemeilen zu beanspruchen.
Die Türkei beansprucht für sich 6 Meilen.
Bei diesem Konflikt der Begriff Festlandsockel im internationalen Seerecht eine große Rolle.
Deswegen wurde im Rahmen der Uno ein Seerechtsübereinkommen1982 über Festlandsockel vereinbart. Dieser Vereinbarung der UNO ist die Türkei nicht beigetreten, so dass kein inneres Recht des Festlandsockel/Seeabkommen für die Türkei nicht maßgeblich ist.
Die Türkei beruft sich auch auf das im internationalen Seerecht anerkannte Gewohnheitsrecht
Nach den internationalen Seerecht kann ein Land das gewöhnlich seine Meere Jahrzehnte lang historisch genutzt hat bis zu 200 Seemeilen als eigenes souveränes Territorium betrachten und auch wirtschaftlich für sich nutzen.
Dies nimmt die Türkei im Gebiet des Schwarzen Meeres wahr.
In der Ägäis beansprucht die Türkei eine 6 Meilen Zone.
Eine solche Betrachtungsweise ist im Mittelmeerraum als auch in der Ägäis fragwürdig. An der türkischen Küste der Ägäis grenzt die Türkei an das griechische Festland und an griechische Inseln die nach dem Abkommen von Lausanne den Griechen als souveränes Gebiet zugesprochen worden sind. Die Türkei betrachtet es als ihr gewohnheitsrech in der Ägäis als auch im Mittelmeer dass sie sechs Seemeilen für sich nutzen. Nicht nur dieser gewohnheitsrechtliche Gesichtspunkt wird in öffentliche Diskussion geführt sonder den gesamten Vertrag von Lausanne durch Erdogan in Frage gestellt.
Erdoğan als neuer „Staatsheiliger”
Erdogan betrachten den Vertrag von Lausanne als „ schlechten Deal“ für die Türkei.
Wenn Erdogan erklärt, dieser Vertrag sei für ihn kein „heiliger Text“, sehen viele Beobachter darin, den unverhohlenen Anspruch auf Nordirak sowie die griechischen Inseln in der Nähe der türkischen Küste auf den 1923 die junge Türkei verzichten musste. Damit will Erdogan offensichtlich den „Vater der Türkei“ Atatürk delegitimieren um sich in den Köpfen künftiger Generationen selbst als neuer „Staatsheiliger „ zu etablieren.
Wie oben aufgezeigt worden ist, ist völkerrechtlich klar dass die Türkei eine drei Seemeilen Küstengrenze für sich beanspruchen kann als souveränes Gebiet. Bei einer Globalisierten Weltwirtschaft ist auch von einem seerechtlichen Gewohnheitsrecht der Türkei auszugehen welche auch der Türkei ermöglicht ohne das souveräne Recht Griechenlands zu beeinträchtigen sowohl im Mittelmeer als auch in der Ägäis wirtschaftliche Interessen zu verfolgen. Diese wirtschaftliche Verfolgung der Interessen sollte nicht mit kriegerischen Mitteln durchgesetzt werden sondern durch Kooperation der einzelnen Küstenländer der Ägäis und im Mittelmeerraum. Sowohl Griechenland als andere Küstenländer müssen der Türkei ihr Gewohnheitsrecht von mindestens 12 Seemeilen respektieren. Wie Griechenland selbst erklärt hat das es vom 12 Meilen Recht gebrauch macht muss auch umgekehrt der Türkei dieses Recht zugestanden werden. Eine kriegerische Auseinandersetzung würde sowohl für das türkische Volk als auch für das griechische Volk fatale Folgen haben.
Beide Länder sollte der Konflikt in Zypern eine Lehre sein. Sowohl völkerrechtlich als auch nach internationalem Seerecht ist es eindeutig das beide Staaten miteinander kooperieren müssen.
Dieser Konflikt muss friedlich gelöst werden:
*Als erste Maßnahme sollte die Inseln und die türkische Küste entmilitarisiert werden.
*Die Konfliktparteien sollten in dieser Frage den internationalen Seegerichtshof anrufen.
*Bis zur Entscheidung des Seegerichtshofes sollten für diesen Konflikt durch zivile Lösungswege anstreben.
Rechtsanwalt
M Erdem